Haushaltsrede 2021 / 2022 von Nicole Finger

Haushaltsrede der Vorsitzenden der FDP-Fraktion im Rat der Stadt Mönchengladbach Nicole Finger
09.02.2021 

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

wie anders fühlen sich diese Haushaltsberatungen im Vergleich zu denen der letzten Jahre an. Denn egal, ob man den städtischen Haushalt aus der Perspektive der Ratsmehrheit oder der Opposition sah: Bei jedem Haushaltsplan seit 2012 wurde greifbarer, dass die Stadt Mönchengladbach sich mit der Entscheidung der damaligen Ampel-Kooperation, dem Stärkungspakt Stadtfinanzen beizutreten, aus einer Vergeblichkeitsfalle befreit hatte. Jeder Haushaltsentwurf war ein Schritt nach vorne.

Doch kaum hatten wir das Ziel einer eigenständigen, ausgeglichenen Haushaltsplanung erreicht, wurde mit der Corona-Pandemie quasi ein dicker Stock in die Speichen des mittlerweile recht rund laufenden Rades der städtischen Haushaltsplanung geworfen. Die Corona bedingten Verschlechterungen resultieren dabei im Wesentlichen auf Einbußen der Gewerbesteuer und Vergnügungssteuer und betragen alleine bei den Maßnahmen im HSP im ersten Haushaltsjahr rund 9 Mio. Euro.

Aus Sorge vor daraus resultierenden Erhöhungen der Hebesätze fordert die IHK schon heute einen neuen Haushaltssicherungsplan. Das ist aus Sicht der ohnehin schon corona-gebeutelten Wirtschaft absolut verständlich. Und Steuererhöhungen wären in Anbetracht der Situation tatsächlich kontraproduktiv – sie sind aber auch weder im von der Verwaltung erarbeiteten Haushaltsplanentwurf vorgesehen, noch wurden sie seitens der Politik in den Beratungen beantragt!

Bevor wir uns aber an neue Sparmaßnahmen begeben, müssen Bund und Land Farbe bekennen, ob und wie sie den Kommunen in dieser Situation unter die Arme greifen. Denn der Kämmerer hat es bei der Haushaltseinbringung schon treffend formuliert: Sollen die seit dem Jahr 2012 erzielten Erfolge der Haushaltskonsolidierung nicht auf einen Schlag entwertet werden, bedarf es einer nachhaltig wirkenden zusätzlichen Finanzausstattung von Kommunen, um aktiv und zielgerichtet gegen die sich weiter verschärfenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu agieren.

Solange hier keine Klarheit geschaffen wird – und ich befürchte, grundlegende Entscheidungen wird es erst nach der Bundestagswahl im September geben – müssen wir bei unseren Planungen jetzt Vorsicht walten lassen.
Denn das Covid-Isolationsgesetz macht uns für den Moment handlungsfähig – verschiebt aber in Wahrheit unsere realen Finanzprobleme nur.

Der vorliegende Haushaltsplanentwurf der Verwaltung bietet deshalb auch politisch wenig Spielraum. Ich bin dennoch sehr dankbar, dass Sie, Herr Heck und Frau Narres, es mit den zahlreichen Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung überhaupt möglich gemacht haben, uns einen ausgeglichenen, genehmigungsfähigen Haushaltsentwurf vorzulegen. Der FDP-Fraktion ist bewusst, wie viele Gespräche und wieviel Kompromissbereitschaft von und mit den verschiedenen Fachbereichen für den Entwurf des Haushaltsplans hier an den Tag gelegt werden mussten. Herzlichen Dank allen Beteiligten!

Wie eng der Spielraum in diesem Haushalt ist, haben in den Beratungen die Anträge aller Fraktionen deutlich erkennen lassen. Die wenigen beantragten Haushaltsänderungen zeigten keine oder eher geringe Finanzansätze im fünf- oder sechsstelligen Bereich.

Einzig die CDU führte in einem ihrer Haushaltsanträge einen neuen Ansatz von einer Million ins Feld. Gedeckt werden sollte dieser aus einer erhöhten Ausschüttung der NEW Kommunalholding.

Meine Damen und Herren der CDU, wäre diese überplanmäßige Ausschüttung der NEW eine haushaltsrechtlich zulässige Planungsgrundlage, hätte der Kämmerer sie wohl in seine Änderungsliste einfließen lassen. Tatsächlich scheint es sich aber Stand heute nur um Insiderwissen aus den NEW- Aufsichtsgremien zu handeln. Solches Insiderwissen im Finanzausschuss in einer eilig ausgeteilten Tischvorlage zu einer zweckgebundenen Haushaltsdeckung zu machen ist meines Erachtens nicht nur haushaltsrechtlich unzulässig – es ist auch unseriös und politisiert die NEW in einer Art und Weise, die nicht im Sinne der Gesellschaft sein kann.

Sollte die offenbar intern avisierte Mehrausschüttung der NEW tatsächlich kommen, wird der Kämmerer diese im Rahmen der Haushaltsbewirtschaftung übrigens zunächst dahingehend betrachten müssen, ob es gegenüber der Planung Haushaltsverschlechterungen gibt, die damit aufgefangen werden müssen.

Und obwohl wir heute einen Doppelhaushalt verbschieden, ist es auch sehr wahrscheinlich, dass wir aufgrund der Planungen des Rathausneubaus im Laufe des nächsten Jahres noch einmal Beratungen zu einem Nachtragshaushalt haben werden, in dessen Zuge dann alle Verbesserungen und Verschlechterungen des Plans noch einmal aufgearbeitet werden.

Die Haushaltsbewirtschaftung wird auch im Hinblick auf die von SPD, Grünen und FDP eingebrachten Haushaltsänderungen eine große Rolle spielen. Ich will hier niemanden überstrapazieren und jede einzelne Maßnahme benennen – der Finanzausschuss hat hier ja bereits ausführlich beraten -, sondern 3 Maßnahmen exemplarisch beleuchten:

Erstens: Wir stecken mehr Geld in die Unterhaltung unserer Spielplätze! Ich freue mich sehr, dass es schnelle Einigkeit bei den Ampelpartnern gab, dass wir die größte Einzelposition dafür verwenden wollen, die bestehenden Spielplätze in unserer Stadt flächendeckend besser auszustatten. Dies ist seit Jahren ein ständiges Haushaltsanliegen der FDP und die Schließung der Plätze im ersten Lockdown hat die soziale Funktion von Spielplätzen unters Brennglas gelegt.

Zweitens: Wir beschleunigen den Ausbau der offenen Ganztagsschule! Zwar waren im Haushaltsentwurf schon 450 neue Plätze voll ausfinanziert, doch wollen wir hier durch Vorziehen der Planungsmittel für die Annaschule und die Grundschule Ohler sowie die avisierten 2,7 Mio. Euro Bundesmittel im Rahmen der Haushaltsbewirtschaftung noch einmal deutlich mehr Plätze schaffen. Der Bedarf ist unstreitig da: Die letzte Bedarfsabfrage hatte einen Bedarf von 907 weiteren Plätzen ergeben, der originäre Haushaltsansatz bringt uns also nur halb zum Ziel. Auch hier erhöht die Corona-Pandemie die Dringlichkeit, denn die OGS ist eins der wenigen bildungspolitischen Instrumente, die wir kommunal aktivieren können, um die Bildungslücken der Kinder abzufedern.

Drittens: Wir lassen den stationären Einzelhandel und die Gastronomie in unserer Stadt nicht alleine! Kaum jemanden hat Corona wirtschaftlich so hart getroffen wie diese beiden Branchen, die wichtige Elemente unserer Innenstädte sind. Wenn es endlich wieder möglich ist, unsere Innenstädte mit Leben zu füllen, wollen wir durch unsere Haushaltsansätze zum City-Marketing einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass dies auch gelingt.

Eins haben diese und alle weiteren Maßnahmen unseres gemeinsamen Haushaltsantrags gemeinsam: Wir stellen wieder die Menschen in den Mittelpunkt, die heute in unserer Stadt leben und beschäftigen uns weniger intensiv mit Anreizen für Zuzüge. Wir wollen nicht nur eine wachsende Stadt sein, wir wollen vor allem, dass Menschen in unserer Stadt wachsen und sich entwickeln können.

Deshalb begrüße ich auch ausdrücklich, dass bereits der Haushaltsentwurf der Verwaltung in den geplanten strategischen Maßnahmen erkennen lässt, dass es eine Schwerpunktverlagerung innerhalb des strategischen Ansatzes der wachsenden Stadt gibt und wir eine zunehmende Gewichtung zugunsten der sogenannten weichen Standortfaktoren Kultur, Sport, Wissenschaft, Bildung und Infrastruktur erkennen.

Wobei mich eins allerdings stört: Die Bedeutung von Bildung sollten wir in der Weiterentwicklung dieser Strategie noch einmal besser herausarbeiten. Für die Entwicklung unserer Stadt ist dies aus meiner Sicht kein weicher, sondern ein knallharter Faktor.

Ich sehe da auch eine große Zielgleichheit bei den Fraktionen des Rates: Wir alle wollen weniger junge Menschen ohne Schulabschluss, mehr Kompetenzvermittlung in MINT Fächern, eine engere Verzahnung von Schule, Hochschule und Unternehmen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns dazu in einem geeigneteren Rahmen zusammenkommen, als uns die Haushaltsberatungen bieten. Haushaltsberatungen eignen sich nicht als Brainstorming. Aber ein gemeinsames Brainstorming kann ein guter Auftakt sein, über Maßnahmen zu sprechen, die uns unseren gemeinsamen Zielen näherbringen.

Vielleicht entwickeln wir dann für die nächsten Haushaltsberatungen so ja den ein oder anderen interfraktionellen Ansatz. Mich würde das freuen.
Dem Haushaltsentwurf in der vorliegenden geänderten Form stimmt die FDP übrigens zu!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

9. Februar 2021