Warum ist die FDP gegen eine Privatisierung der Erholung?

Die FDP ist bekanntermaßen gegen den von CDU und SPD beschlossenen Verkauf des Hauses Erholung. Aber wieso ist die FDP eigentlich gegen diese Privatisierung, wo sie doch sonst alle Privatisierungen in den letzten Jahren mitgetragen hat? Purer Wahlkampf, behaupten führende Vertreter der Groko.

Zur sachlichen Beantwortung dieser Frage lohnt es sich jedoch einen Blick auf das zu werfen, was unter dem Begriff Privatisierungen in Mönchengladbach in der Regel geschehen ist: Eine bislang von der Stadt wahrgenommene Aufgabe ist auch weiterhin in der Verantwortlichkeit der Stadt geblieben, lediglich die Rechtsform wurde in eine Gesellschaft des Privatrechts gewandelt, die flexibler und effizienter arbeiten kann. Gesellschafter ist jedoch nach wie vor die Stadt, die somit auch weiterhin den maßgeblichen Einfluss auf das Handeln dieser neuen Gesellschaften und die Wahrnehmung derer Aufgaben hat.

Das ist auch im Hinblick auf den Betrieb der Erholung schon lange geschehen. Die Marketing Gesellschaft Mönchengladbach mbH (kurz: MGMG) nimmt diese Aufgabe wahr.

Wenn jetzt vorgeschlagen wird, die Erholung im Rahmen einer Ausschreibung für ein benachbartes Luxushotel zu verkaufen, gibt die Stadt ihren Einfluss auf das Haus Erholung jedoch auf. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass die Stadt sich vertraglich zehn kostenfreie Veranstaltungen im Jahr im Haus sichern will.

Zum einen decken diese zehn kostenfreien Veranstaltungen den Bedarf der Stadt nicht ab. Die Erholung wird regelmäßig für standesamtliche Trauungen von der Stadt in Anspruch genommen, im laufenden Jahr an sechzehn Tagen. Dazu kommen jedes Jahr die unterschiedlichsten Veranstaltungen der Stadt und ihrer Gesellschaften von Ehrungen wie der Verleihung des Ehrenrings bis hin zu „Jugend musiziert“.

Entscheidender ist aber noch: Die Stadt hat nach einem Verkauf keinen Einfluss mehr darauf, wie die Räume dann gestaltet oder ausgestattet sind oder ob sie in ihren Funktionen erhalten bleiben. Es ist sogar eher wahrscheinlich, dass die Räume im Erdgeschoss demnächst für Hotelfunktionen wie z.B. Lobby oder Frühstücksraum genutzt werden sollen und nicht mehr uneingeschränkt für Tagungen oder Trauungen zur Verfügung stehen. Auch die Öffnung zu einer durchgehenden Veranstaltungsfläche im Erdgeschoss, wie sie derzeit möglich ist, würde dann entfallen.

Es ist auch fraglich, ob selbst die Sicherung der zehn städtischen Veranstaltungen überhaupt realistisch ist. Natürlich kann man das vertraglich vereinbaren. Aber in der Realität ist so etwas dann doch oft komplexer als auf dem Papier. Ein Eigentümer hat eigene wirtschaftliche Interessen beim Betrieb eines Gebäudes und wenn diese dem städtischen Interesse widersprechen, ist der Eigentümer in der stärkeren Position. Der Teufel steckt im Detail. Man wird sich immer wieder neu über die konkreten Termine der städtischen Veranstaltungen verständigen müssen, ebenso über die Preise der Bewirtung, die dann wohl vom Hotel entgeltlich abgenommen werden muss. Wenn ein Eigentümer die städtischen Veranstaltungen nicht will, da sie seinen wirtschaftlichen Interesse nicht dienen, wird er Möglichkeiten finden, der Stadt den Spaß an den Veranstaltungen im Haus Erholung zu nehmen.

Doch selbst der theoretische, vertragliche Anspruch auf die zehn Veranstaltungen im Jahr steht spätestens dann auf tönernen Füßen, wenn ein privater Eigentümer die Erholung an den nächsten verkauft. Theoretisch kann man natürlich hier ein Vorkaufsrecht der Stadt vereinbaren. Aber ist ein Rückkauf realistisch? Und was müsste die Stadt dann zahlen? Vermutlich deutlich mehr als die 2,05 Millionen, für die die Erholung samt Grundstück und benachbartem Grundstück des Haus Zoars jetzt verkauft werden könnten.

Die Befürworter des Verkaufs stellen gerne in den Raum, dass man alle möglichen Risiken, die mit dem Verkauf verbunden sind, schuldrechtlich absichern kann. Damit ist gemeint, dass man vertraglich bestimmte Leistungen vereinbart (hier die Betriebspflicht des Hotels, in das die Erholung integriert ist) und sich Konventionalstrafen vorbehält, wenn dieser Pflicht nicht nachgekommen wird. Eine solche schuldrechtliche Absicherung ist aber leider nur bis zu 30 Jahren möglich, alles darüber hinaus gehende ist rechtlich nicht wirksam. Bedenkt man, dass die Erholung ein Bürgerhaus mit über 150 Jahren Tradition und damit ein Stück Stadtgeschichte ist, ist das ein ausgesprochen überschaubarer Zeitraum.

Wie wirksam solche Instrumente selbst während ihrer Zulässigkeit sind und vor allem wie schwer sich die Stadt damit tut, solche Instrumente anzuwenden, sieht man jedoch derzeit ziemlich gut am Beispiel des Hardterbroicher Marktes. Hier war es lange vor der Insolvenz des Vertragspartners, der die vereinbarte Leistung nicht erbrachte, möglich die sechsstellige Konventionalstrafe zu ziehen. Das ist nicht passiert. Und das Beispiel Hardterbroicher Markt zeigt auch gut, was passiert, wenn der private Vertragspartner dann insolvent wird. Erstmal lange gar nichts.

Übertragen auf die Erholung würde das im schlimmsten Fall bedeuten: Der Betrieb würde eingestellt, die Tür bleibt zu. Nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, die sich die Preise der Gastronomie eines Luxushotels nicht leisten können. Und nicht nur für die Vereine und Verbände, die sich die Mieten der Veranstaltungsräume eines Luxushotels nicht leisten können. Nicht nur für die Paare, die gerne in der Erholung hätten getraut werden wollen. Für alle Bürgerinnen und Bürger.

Deshalb will die FDP das Haus Erholung in städtischer Hand erhalten, hat im Rat gegen den Verkauf gestimmt und unterstützt nun auch das Bürgerbegehren „Kein Verkauf von Haus Erholung – #Notforsale“.

15. November 2018